Deathparade Duisburg 2010. seit 2 tagen tanz ich um den compi rum, ob ich das aufschreiben soll. wie gehen so 21 menschen aus dem leben, die noch viel mehr im leben standen und noch viel mehr vor sich hatten als der durchschnittsmensch. ich nenne den dummy, den ich da auf die parade schicke, 'brink'. weil so hieß keiner derer, die gingen. brink kratzte das geld für den zug zusammen und fuhr alleine dahin. von irgendwo aus dem ruhrgebiet. freute sich nicht, dass die parade so nahe war. brink, knapp über 20, mitten im ausbildungsweg. es ist ein vorteil, auf der parade allein zu sein, man kann mehr auf sich schauen. brink starb nicht beim scheinwerfermast und nicht bei der treppe. er starb, wo 14 leute starben, knapp beim tunneleingang. das bild des tunnels hat ja schon sowas jenseitiges.
GEGENWART. brink geht den langen weg vom bahnhof zur tunnel-unterführung. er weiss nicht genau wie der aussieht, dieser weg - er ahnt nur, dass alle, die dahingehen, recht haben und nicht irren. man kann eh nimmer umdrehen. vor einer ersten schleuse staut es sich. aber er ist dann da durch und kann entspannt in einer lockereren menge durch einen ersten kurztunnel zum langtunnel gehen. er kommt noch an der stelle vorbei, wo es sich staut, manche dies merken und links den mast, rechts die treppe hochklettern. irgendwie geht es vorn nicht weiter. es geht einfach absolut nicht weiter. aber das ist nicht logisch, weil ja hinten unendliche menschentrauben nachstoßen. einstweilen telefoniert unerkannt der veranstalter mit der polizei und weist sie an, irgendwelche gatter zu schließen und zu öffnen. auf dem langen hinweg ja schon sind die menschentrauben wie schlachtvieh durch zaunkanäle getrieben worden. man kann dies nur noch 'getrieben' nennen. also NOCH ist die lage erheitert, man wundert sich, dass die, die sich nicht an die loverules halten, mast und stiegen raufklettern. bald darauf jedoch wünscht brink, er wär selber dort. am rand. am rand, wo der druck eigentlich am stärksten ist. langsam beginnt brink, in den gesichtern der umstehenden, panik zu erkennen. weit aufgerissene augen, rote gesichter, schnaufen. sich nur noch aufs atmen konzentrieren. brink sieht weder, wie leute über leute laufen, noch sieht brink leute von mast oder stiege runterfallen. eine menschenmeute reisst ein gatter zur wiesenrampe nieder. und breitet sich durch das loch aus wie ein krebsgeschwür. es ist ziemlich steil da rauf. die, die es da rauf schaffen, hinterlassen eine staubwolke. brink kann diese kaum noch wahrnehmen, beneidet aber diese. plötzlich bemerkt brink, dass er nimmer am boden steht. es ist unglaublich. brink hat über 70 kilo, aber die menschenmasse ist so dicht, dass sie falten über dem boden wirft. und unter diesen falten löcher entstehen. nur 5-10cm dürfte brink überm boden sein. auch nur kurz. die masse wallt. und brink merkt, wie diese masse um ihn sich neigt, und wenn alle sich neigen, kann auch er nicht wie ein pfeiler mittendrin stehen bleiben. brink ist kein lichtmast. es ist der moment, wo es nimmer lustig ist. und es ist der moment, wo zumindest in leuten ringsum nicht nur ein panik erkennbar ist, sondern die todesangst. eine angst, die brink nur vom hörensagen kannte. einem mädchen versucht brink zu helfen, sie rauszuziehen, aber sie ist total verkeilt. brink befindet sich am rand eines menschenknäuels, aus dem nur noch verzweifelt um sich schlagende menschenarme ragen. die typischen raver-bewegungen erfahren eine grausame, sarkastische zweideutigkeit. brink will kämpfen. denn nach und nach erfasst die todesangst auch ihn, obwohl er sich dieser nicht bewusst ist. ein ellbogen trifft brink an einem empfindlichen teil seitlich am hals. das ist zuviel, brink fällt in das loch im menschenknäuel, vielleicht war er ja auch nur einen moment unaufmerksam gewesen. brink versucht, sich zu orientieren und den blick nach oben zu richten. kurz kann brink noch einen blick des blauen himmels erhaschen. brink geht unter. ans luftschnappen zuvor denkt er nimmer. es geht sich ne weile aus, in diesem knäuel, wenngleich mit schmerzen durch die verzweifelten bisse der darunterliegenden.
brink ist dabei, sich aufzugeben, in diesem schwarz, in dem er ist. er kennt die vier phasen vor dem tod - man spricht so viel darüber. das revuePassieren-lassen, das sich-wehren-wollen. sich nimmer wehren, und hinnehmen. er hat zeit, an die neue liebe zu denken und an die jobzusage, die er in der tasche hat. er ist sich fast nimmer des zynismus des namens loveparade gewahr. er ist total verkeilt. er ist nun selber einer, der unten liegt, und nach oben beißt, mit der kraft, die er noch hat. danach verliert er - befreiend - das bewusstsein. brink ist einer derer, die nicht gerettet werden können. er ist einer der bedeckten am eingang zu diesem langen tunnel. an dessen ende ein licht ist.
mir halfen zur rekonstruktion dieser erlebnisse pizzamannes videos und das interview mit einer überlebenden im schweizer fernsehen. dazu einige gesammelte eindrücke von überlebenden.
GEGENWART. brink geht den langen weg vom bahnhof zur tunnel-unterführung. er weiss nicht genau wie der aussieht, dieser weg - er ahnt nur, dass alle, die dahingehen, recht haben und nicht irren. man kann eh nimmer umdrehen. vor einer ersten schleuse staut es sich. aber er ist dann da durch und kann entspannt in einer lockereren menge durch einen ersten kurztunnel zum langtunnel gehen. er kommt noch an der stelle vorbei, wo es sich staut, manche dies merken und links den mast, rechts die treppe hochklettern. irgendwie geht es vorn nicht weiter. es geht einfach absolut nicht weiter. aber das ist nicht logisch, weil ja hinten unendliche menschentrauben nachstoßen. einstweilen telefoniert unerkannt der veranstalter mit der polizei und weist sie an, irgendwelche gatter zu schließen und zu öffnen. auf dem langen hinweg ja schon sind die menschentrauben wie schlachtvieh durch zaunkanäle getrieben worden. man kann dies nur noch 'getrieben' nennen. also NOCH ist die lage erheitert, man wundert sich, dass die, die sich nicht an die loverules halten, mast und stiegen raufklettern. bald darauf jedoch wünscht brink, er wär selber dort. am rand. am rand, wo der druck eigentlich am stärksten ist. langsam beginnt brink, in den gesichtern der umstehenden, panik zu erkennen. weit aufgerissene augen, rote gesichter, schnaufen. sich nur noch aufs atmen konzentrieren. brink sieht weder, wie leute über leute laufen, noch sieht brink leute von mast oder stiege runterfallen. eine menschenmeute reisst ein gatter zur wiesenrampe nieder. und breitet sich durch das loch aus wie ein krebsgeschwür. es ist ziemlich steil da rauf. die, die es da rauf schaffen, hinterlassen eine staubwolke. brink kann diese kaum noch wahrnehmen, beneidet aber diese. plötzlich bemerkt brink, dass er nimmer am boden steht. es ist unglaublich. brink hat über 70 kilo, aber die menschenmasse ist so dicht, dass sie falten über dem boden wirft. und unter diesen falten löcher entstehen. nur 5-10cm dürfte brink überm boden sein. auch nur kurz. die masse wallt. und brink merkt, wie diese masse um ihn sich neigt, und wenn alle sich neigen, kann auch er nicht wie ein pfeiler mittendrin stehen bleiben. brink ist kein lichtmast. es ist der moment, wo es nimmer lustig ist. und es ist der moment, wo zumindest in leuten ringsum nicht nur ein panik erkennbar ist, sondern die todesangst. eine angst, die brink nur vom hörensagen kannte. einem mädchen versucht brink zu helfen, sie rauszuziehen, aber sie ist total verkeilt. brink befindet sich am rand eines menschenknäuels, aus dem nur noch verzweifelt um sich schlagende menschenarme ragen. die typischen raver-bewegungen erfahren eine grausame, sarkastische zweideutigkeit. brink will kämpfen. denn nach und nach erfasst die todesangst auch ihn, obwohl er sich dieser nicht bewusst ist. ein ellbogen trifft brink an einem empfindlichen teil seitlich am hals. das ist zuviel, brink fällt in das loch im menschenknäuel, vielleicht war er ja auch nur einen moment unaufmerksam gewesen. brink versucht, sich zu orientieren und den blick nach oben zu richten. kurz kann brink noch einen blick des blauen himmels erhaschen. brink geht unter. ans luftschnappen zuvor denkt er nimmer. es geht sich ne weile aus, in diesem knäuel, wenngleich mit schmerzen durch die verzweifelten bisse der darunterliegenden.
brink ist dabei, sich aufzugeben, in diesem schwarz, in dem er ist. er kennt die vier phasen vor dem tod - man spricht so viel darüber. das revuePassieren-lassen, das sich-wehren-wollen. sich nimmer wehren, und hinnehmen. er hat zeit, an die neue liebe zu denken und an die jobzusage, die er in der tasche hat. er ist sich fast nimmer des zynismus des namens loveparade gewahr. er ist total verkeilt. er ist nun selber einer, der unten liegt, und nach oben beißt, mit der kraft, die er noch hat. danach verliert er - befreiend - das bewusstsein. brink ist einer derer, die nicht gerettet werden können. er ist einer der bedeckten am eingang zu diesem langen tunnel. an dessen ende ein licht ist.
mir halfen zur rekonstruktion dieser erlebnisse pizzamannes videos und das interview mit einer überlebenden im schweizer fernsehen. dazu einige gesammelte eindrücke von überlebenden.
woelfin - am Sonntag, 1. August 2010, 20:37 - Rubrik: alltag